Vom Ursprung aller Weblogs

Der Ursprung aller Weblogs ist ein nasses Brett und eine Schnur mit Knoten. Dieses Brett hatte eingelassene Bleigewichte und war an einer Spindel befestigt, auf der eine lange Schnur mit Knoten aufgewickelt war. Dies, zusammen mit einer Sanduhr und einem Kompass gab früher einmal Orientierung, wenn kein fester Punkt mehr in Sicht und der Blick zum Himmel getrübt war.

Die Seefahrer konnten durch dieses einfache Gerät – das Log oder die Logge – ihre Fahrtgeschwindigkeit messen: das Holzbrett wurde über Bord geworfen und die Anzahl der Knoten gezählt, die bis zum Ablaufen der Sanduhr durch die Hände gingen. Mithilfe der so in Knoten bestimmten Fahrtgeschwindigkeit – bis heute in See- und Luftfahrt daher oft noch mit «Knoten» angegeben – und der Fahrtrichtung (unter Berücksichtigung von Drift und Strömung) konnte die neue Position bestimmt werden. Die Daten jeder Messung wurden sorgfältig in das Log-Buch eingetragen.

Daraus wurde dann die Position berechnet und auf die Karte abgetragen, auch dann, wenn das Gebiet bisher nicht kartographiert war; die Bestimmung des eigenen Standpunkt war durch das Log-Buch nicht auf bekannten Horizont angewiesen.

Das Logbuch erlaubte auch, nachträglich eine Korrektur des Standorts, wenn neue Faktoren bekannt werden, denn es verzeichnet Richtungen und Tempi, aber keine absoluten Positionen.

Ein Weblog ist, wie auch das Logbuch, kein GPS, keine absolute Bestimmung von Positionen, sondern ein Protokoll der Vermessung eigener Geschwindigkeiten. Sie wird aus der Differenz von Bewegung und Gleichbleibendem bestimmt: was bleibt und was ändert sich, wenn eine Richtung im Denken eingeschlagen wird? Das lohnt sich zu protokollieren und nachzuvollziehen. Das Weblog lässt eine Korrektur des Standpunkts zu, wenn neue Faktoren bekannt werden, ohne sinnlos zu werden. Der sich ergebende Standpunkt ist schon während der Vermessung ohnehin nicht mehr gültig und dennoch erlaubt dieser Akt, nicht kartographierte Gebiete zu erkunden und das Entdeckte zu teilen.

Bild: Eine Logge, gesehen im Haus der Kulturen der Welt, Berlin Mai 2016 (Ausstellung Nervöse Systeme. Quantifiziertes Leben und die soziale Frage, März-Mai 2016)