the subject is the message

Marshall McLuhans berühmte Formel «The Medium is the Message» beruht auf der Voraussetzung, dass «Medien als Umwelten funktionieren.» Medien, nach McLuhan, funktionieren als Programmierer der Biographie, als Gestalter zwischenmenschlicher Beziehung, als Erzieher und als Mittel der Sozialisation. Wenn die Medien sich verändern, ändert sich das Leben: «Alles verändert sich – du, deine Familie, deine Nachbarn, deine Ausbildung, deine Arbeit, deine Regierung, deine Beziehung zu den ‹anderen›.» Das heutige totale Digitale stellt jedoch McLuhans Voraussetzung selbst in Frage, dass Medien als Umwelten funktionieren. Heute wird der ‹Benutzer› gar nicht mehr in eine Umwelt versetzt, die ihn mit Ideologie und Information füttert und die ihn durch die Haltung erzieht und sozialisiert, die das Medium hervorruft. Der Benutzer schaut heute nicht gar nicht mehr an, was das ‹Medium› ihm bietet. Umgekehrt: heute wird der einstige ‹Benutzer› vom ‹Medium› angeschaut (fotografiert, gepostet, getrackt, abgehört usw.). Und – heute füttert nicht das Medium den ‹Benutzer› mit Informationen und Ideologie, sondern umgekehrt: der Benutzer füttert das Medium mit Informationen über sich und seinen Ideologien. Er ist die Message.

Ebensowenig sozialisiert heute das Medium den Benutzer, sondern heute sind wir ‹Benutzer› darum bemüht, das ‹Medium› zu sozialisieren. So perfekt, dass heute das einstige Medium bald ununterscheidbar mit seiner Umgebung geworden ist. Es ist überall fast schon selbstverständlich da – besser kann man etwas kaum sozialisieren.

Wenn das Medium aber als das definiert ist, was als Umwelt operiert, um darin einen Benutzer zu verändern, dann ist heute der ‹Benutzer› selbst das Medium  – und er ist seine Umwelt. Das ehemalige Medium verändert nicht mehr den Menschen und sein Leben – heute erzieht und sozialisiert der Mensch das Medium. Es verändert nicht mehr unser Leben, das Medium› ist jetzt selbst dies: «deine Familie, deine Nachbarn, deine Ausbildung, deine Arbeit, deine Regierung, deine Beziehung zu den ‹anderen›». Der Mensch ist nunmehr die Umwelt des ehemaligen Mediums.

Entsprechend ist dann das Subjekt selbst das Medium. Und mit McLuhan ist dann auch das Subjekt die eigentliche Message. The Subject is the Message – kein schlechter Ausgangspunkt einer Digitalmoderne.

Literatur:
Marshall McLuhan/Quentin Fiore: Das Medium ist die Massage, Stuttgart 2014

Bild:
HeK, Basel, Januar 2015, in der Installation von Ryōji Ikeda: data.tron [3K version], 2014